Elektrisches Kochen in einem Expeditionsmobil

Einige Anmerkungen zum Thema elektrisches Kochen im Expeditionsmobil/Fernreisefahrzeug:

Immer wieder kommt von Interessenten der Wunsch oder die Anforderung, dass sie in Ihrem Fahrzeug elektrisch Kochen möchten.
Ob Induktion oder klassisches Ceranfeld, ob Dampfgarer oder einfacher Backofen mit oder ohne Mikrowelle, der Verbrauch ist bei allen Geräten vergleichbar. Die Verwendung elektrischer Geräte scheint zunächst einfacher als bei Gas- oder Dieselkocher. Jedoch ist die Umwandlung von elektrischer Energie in Wärmeenergie sehr Leistungsintensiv.

Zuhause kommt der Strom aus der Steckdose bzw. vom Stromversorger. Zuhause haben wir 3-Phasen mit einer Spannung von je 230V die auf die Verbraucher und Steckdosen aufgeteilt werden.
Nur wenige Verbraucher benötigen „Drehstrom“ also 3-Phasen mit 400V (früher 380V).

Beispiel ist der Backofen mit Herd, Das Kochfeld mit 4 Kochstellen benötigt 2 Phasen, der Backofen eine Phase. (theoretisch ist es möglich alles über einen Phase zu betreiben, nur reichen dann die Kabelquerschnitte zumeist nicht aus und ist im Haus nicht sinnvoll)

In Deutschland wird für gewöhnlich eine Phase mit 16A abgesichert. Dies ergibt eine maximale Leistung von 3680W (Watt=Volt x Ampere) pro Phase. Ein Kochfeld mit 4 Kochstellen hat normalerweise einen Anschlusswert von 7200W, der Backofen 3600W.

Wer also im Fahrzeug nur elektrisch kochen möchte, benötigt eine Anschlussleistung von 10800W (oder 10,8kW) alleine für Herd und Kochfeld! Das sind bei 230V knapp 47A. Möchte man dies aus Batterien über Wechselrichter betreiben, würde (wenn alles gleichzeitig eingeschaltet ist) ein Strom von 450A fließen, ohne alle anderen 230V Verbraucher.

Da die maximale Leistung der Geräte konstant ist, wir aber nur nominell 24V Bordspannung haben, ergibt sich ein Strom bei 24V von 450A aus der Gleichung oben (W/V=A).

Es ist möglich diese Leistung über eine Generator bereit zu stellen. Dann muss jedoch der Generator jedes Mal gestartet werden, wenn man kochen möchte. Je nach dem wo man mit seinem Fahrzeug steht, kann das zu einem Problem werden, da nicht überall die Nutzung eines Generators erlaubt ist. Abgesehen davon ist bei vielen Campgrounds im Ausland der Betrieb von Generatoren (z.B. auch in den amerikanischen Nationalparks) nicht gestattet.
Nun folgt immer wieder die Argumentation, dass es dort ja externe Netzstromquellen gibt, die man nutzen kann. Ja, die gibt es wie auf jedem europäischen Campingplatz, jedoch sind die Anschlusswerte meist gering und in den USA, bei einer Spannung von 110/115V, nützt der Anschluss ohne zusätzlichen Spannungswandler meist gar nichts.

Gehen wir davon aus, dass der externe Netzanschluss 230V und eine Absicherung von 16A hat (meist stehen nur Anschlusswerte von 6A oder 10A zur Verfügung). Damit könnten dann, wie oben beschrieben, Geräte bis 3680W betrieben werden.
Steht ein Wechselrichter mit 3500W zur Verfügung, der die fehlende Leistung des Netzanschlusses unterstützen kann, können Geräte bis 7180W betrieben werden.
Es wäre mit dieser Leistung möglich einen Backofen und ein Kochfeld mit 2 Kochstellen zu betreiben (ohne weitere Verbraucher!)

Oft kommt dann die Argumentation, dass ja nicht alle Verbraucher gleichzeitig betrieben werden und nicht immer auf Volllast laufen, und dass damit die Leistung ausreichend ist. Theoretisch ist das richtig, jedoch praktisch nicht zulässig.
Im günstigsten Fall löst der Leitungsschutzschalter (Sicherung) aus. Die Überlastung des Wechselrichters kann aber auch zu größeren Schäden führen.
Natürlich ist es möglich Vorrangschaltungen einzubauen, die verhindern sollen, dass mehrere Geräte gleichzeitig betrieben werden. Dies macht jedoch die Installation weder einfacher noch billiger.

Kommen weitere Verbraucher wie Waschmaschine (3kg Maschine ca. 1800W), Klimaanlage (Wärmepumpen Klimaanlage ca. 1000W), Fön (ca. 800W), Kaffeemaschine (ca. 800W) usw. hinzu, wird es noch aufwändiger.
Es ist auch noch zu bedenken, dass der Betrieb eines oder mehrerer Wechselrichter stark die Batteriekapazität in Anspruch nimmt.

Hierzu das Beispiel mit einem Induktionskochfeld mit 2 Kochfeldern. Dies wird eine Stunde betrieben.
Das Kochfeld mit Anschlusswert 3600W bei 230V läuft nicht ständig auf Volllast sondern nur auf 50% Last. Dies ergibt einen Verbrauch (1h) von 1800Wh. Bei Entnahme aus der 24V Batterie entspricht dies 70Ah.

Vergleich wir das mit verschiedenen Batteriekapazitäten/Batterietypen:
Bei Verwendung von 4 Batterien 12V AGM je 225Ah, angeschlossen auf 24V, hat man eine nominelle Gesamtkapazität von 550Ah. Will man eine Tiefentladung vermeiden und die Batterien schonen, stehen praktisch nur 50% der Kapazität zur Verfügung, also 225Ah. Mit einer Stunde Kochen wie oben beschrieben, sind demnach bereits mehr als 30% der nutzbaren Batteriekapazität verbraucht.

Bei 2 Li-Ion Batterien 24V mit je 180Ah ergibt sich eine nominelle Kapazität von 360Ah. Entnimmt man zum Schutz der Batterien nicht mehr als 75%, steht eine Kapazität von 270Ah zur Verfügung. Mit einer Stunde Kochen sind hier bereits mehr als 26% der nutzbaren Batteriekapazität verbraucht.

Dipl.-Ing. (FH) Reiner Hildebrandt
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